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So schaffst du deinen ersten Klimmzug
Der Klimmzug oder auch oft Pullup genannt ist einer der wichtigsten Grundübungen im Krafttraining. Egal, ob einfach zur Steigerung der allgemeinen Fitness oder im zielgerichteten Kraftsport und Cross Fit, diese Übung sollte regelmäßig in der Trainingswoche ihren Platz finden. Genau so verhält es sich auch im Garage Gym. Wir planen zumindest an 2 Tagen pro Woche Varianten dieser Grundübung ein.
Besonders während der langen Lockdownsperre der Studios war es schwierig an der vertikalen Zugkraft zu arbeiten und nur wenig haben die Möglichkeit diese zu Hause zu trainieren. Optimal dafür ist natürlich eine Klimmzugstange. Solche gibt es zwar mittlerweile in vielen Parks, doch die langanhaltenden kalten Temperaturen haben nicht eingeladen im Freien Sport zu betreiben. Selbst, wenn die Voraussetzungen gegeben wären, kommt es noch auf das richtige Training an, also die richtigen Übungen für progressive Steigerung und damit dem Weg zu ordentlichen Klimmzügen. In diesem Beitrag erfährst du, welche Fehler häufig begangen werden, worauf beim Training zu achten ist und wie du garantiert in wenigen Wochen einen Klimmzug erfolgreich meisterst.
Die Gründe, warum du noch keinen Klimmzug schaffst
Erstens:
Ein offensichtlicher Grund kann ein Missverhältnis zwischen Körpergewicht und Kraft sein. Doch fortgeschrittene Athleten absolvieren mehrere Wiederholungen mit 20 Kilogramm und mehr an Zusatzgewicht, was dem Rucksack an Übergewicht einiger Menschen in etwa entspricht. Es gilt also die Kraftfähigkeit zu verbessern und nicht durch Diäten den Körper zu schwächen.
Ein zweiter Grund:
Die Rückenmuskulatur und die vertikale Zugbewegung ist im normalen Alltag sowie in den vielen Freizeitaktivitäten in dieser Form kaum aktiv (Ausnahme Klettern, Bouldern). Dadurch ist die muskuläre Koordination schwach ausgeprägt. Auch das stundenlange Sitzen ist nicht gerade förderlich – häufig ist in “bequemen” Sitzpositionen die gesamte Rückenmuskulatur (beinahe) entlastet. Das Nervensystem ist schlicht nicht in der Lage die benötigten Muskeln für einen Klimmzug so anzusteuern, dass eine vertikale Zugkraftentwicklung stattfindet.
Drittens:
Falsche Bewegungsausführung. Besonders für bereits Trainierende ist aber wiederum der zweite Punkt oft nicht mehr gegeben, denn egal ob in einem gewöhnlichen Fitness-Studio auf einer Latzugmaschine oder im Garage Gym mit der Unterstützung eines Widerstandsband, das Nervensystem hat bereits eine gewisse Vorstellung von der gezielten Koordination der Zugmuskeln Bizeps, Latissimus und einigen weiteren beteiligten Rückenmuskeln.
Hier legen wir großen Wert darauf zu erlernen, wie der Latissimus richtig anzusteuern ist. Nur so kannst du deine Rückenmuskulatur effizient einsetzen. Folgender Cue empfiehlt sich z.B.: “Schulterblätter nach hinten unten ziehen bzw. Brust zur Stange führen”. Zusätzlich wird in vielen Fällen durch zu wenig Gewicht bzw. zu stark unterstützende Widerstandsbänder die sogenannte inter- und intramuskuläre Koordination, also das Ansteuern und Zusammenwirken der benötigten Muskeln zu wenig auf die Entwicklung von Kraft geschult.
Viertens: Fehlende Geduld.
Auch wenn der Klimmzug sich hier “nur” auf das eigene Körpergewicht bezieht, ist dies keinesfalls gleichzusetzen mit einer Übung ohne Gewicht (kein Zusatzgewicht ist nicht gleich kein Gewicht). Das bedeutet, wir streben ein bestimmtes Zielgewicht an, dass wir bewegen wollen – nämlich unser eigenes Körpergewicht. Zum Vergleich: Wenn du z.B. eine Kniebeuge mit 100kg schaffen willst, heute aber erst 50kg schaffst, wirst du beim nächsten Mal beugen (hoffentlich) nicht einfach 100kg versuchen. Du benötigst eine Trainingsplanung, eine gute Technik und vor allem viel Geduld – genau so verhält es sich auch mit Klimmzügen!
Damit zum fünften und vermutlich wichtigsten Grund: das Training. Solange noch kein Klimmzug geschafft wird, ist die nötige Kraft nicht vorhanden. Zur Entwicklung der Maximalkraft sollte anders trainiert werden, als etwa zum Aufbau von Muskulatur oder im herkömmlichen Fitness-Training üblich. Auch, wenn mit dem Muskelaufbau immer ein Zuwachs der maximal möglichen Kraft einhergeht, so wird eben besonders durch das spezifische Maximalkrafttraining die zentralnervöse Ansteuerung der Muskeln verbessert. Kurz: mehr Muskelfasern geben gleichzeitig ihr Bestes, um den
Körper hochzuziehen.
So sieht das optimale Klimmzugtraining aus
Häufigkeit
Zunächst ist es wichtig häufig genug gezielt für den Klimmzug zu trainieren. Das können schon 2 oder 3 Einheiten pro Woche sein (in den meisten Fällen ist mehr besser – gegeben, du passt die Intensität an).
Wiederholungsbereich
Bleibe im niedrigen Wiederholungsbereich bei moderat empfundener Anstrengung: 1 bis 6 Wiederholungen verbessern vermehrt die Kraftfähigkeit!
Langsam nach unten lassen
Nutze die exzentrische Phase: das bedeutet, springe zur Stange hoch in die höchste Position, bei der die Stange die das Brustbein berührt und lasse dich über 2-4 Sekunden langsam und kontrolliert nach unten. Durch diese Methode sind die größten Verbesserungen bezüglich Hypertrophie zu erreichen. Muskelmasse ist einer der Hauptfaktoren für Maximalkraft → win-win!
Satzanzahl
Mache mehr Arbeitssätze: beim Maximalkrafttraining werden zwar weniger Wiederholungen in den einzelnen Sätzen gemacht, doch dafür mehr davon. Üblich sind zwischen 4 und 6 Arbeitssätzen. Aufgrund des hohen Volumens sollten die meisten Sätze allerdings im submaximalen Bereich stattfinden. Faustregel: Lasse in etwa 2 Wiederholungen im Tank (und ja, für Maximalkraft trainiert man typischerweise submaximal)
Pausenlänge
Lange Pausen mit möglichst vollständiger Erholung: Das Training zur Verbesserung der Maximalkraft lässt viel Zeit zum Tratschen. Zwischen den einzelnen Sätzen sollte eine ausgiebige Pause von ca. 5 Minuten gemacht werden, damit im nächsten Durchgang beinahe wieder volle Leistungsfähigkeit gegeben ist. Nutze die Pause, um dir klarzumachen, dass jede einzelne Wiederholung mit höchster Konzentration durchgeführt werden muss. Maximalkrafttraining ist sehr viel technischer als klassisches Hypertrophietraining → „Strength on any given exercise is a skill“. Falls die Pausen kürzer gestaltet werden müssen, denke daran, die Intensität gering zu halten. Gegebenfalls kann die lange Pause auch genutzt werden, indem beispielsweise gleich im Anschluss an den Klimmzugsatz eine leichtere Beinübung gemacht wird.
Progressive Steigerung
Erhöhe die Wiederholungsanzahl von Training zu Training: Beginne mit 6 Sätzen á 2 Wiederholungen. 2 Tage später absolvierst du im ersten Satz bereits 3 Wiederholungen, aber die restlichen 5 Sätze machst du noch immer nur 2 (exzentrische) Klimmzüge. In der dritten Trainingseinheit sind es dann schon 2 Durchgänge mit 3 Stück und so weiter.
Das Muskelgehirn
Qualität der Bewegungsausführung und Mind Muscle Connection: Aus je weniger Wiederholungen ein Arbeitssatz besteht, desto wichtiger wird die Ausführung einer jeder Einzelnen. Sei voll bei der Sache. Spüre beim Herunterlassen vom höchsten Punkt an der Stange genau welche Muskeln im Rücken arbeiten. Vielleicht ist sogar ein leichtes Vibrieren zu merken. Ein Zeichen, dass es eine neuromuskuläre Lernerfahrung für den Körper ist. Du bist am richtigen
Weg!
Spannung von Kopf bis Fuß
Rumpfspannung und Pressatmung: Die Hauptarbeit übernehmen beim Kllimmzug zwar die Rückenmuskeln, doch Rumpf- und Körperspannung verbessert bei allen Übungen die Leistungsfähigkeit. Spann also bewusst dein Gesäß an, strecke die Beine durch, aktiviere deine Körpermitte. Im Normalfall ergibt sich die Pressatmung von alleine bei maximalen Anstrengungen. Dabei hältst du die Luft über die gesamte Wiederholung hinweg an. Gleichzeitiges spannst du die Bauchmuskulatur an. Versuche gegen die verschlossene Luftröhre auszuatmen und stabilisiere somit deine Körpermitte von innen heraus.
Der Beitrag ist sehr umfangreich. Aus diesem Grund abschließend noch eine kleine Checklist, die dir garantiert dabei hilft, deinen ersten Pullup zu schaffen:
Trainiere den Klimmzug mindestens 2-Mal pro Woche, halte dabei aber die Anstrengung
moderat
Nutze Variation und versuche dich ggf. zuerst an Chin Ups (Handflächen zeigen zum Gesicht im Vergleich zum Pullup: hier zeigen die Handflächen weg von dir)
Beachte, dass auch dein Körpergewicht eine entscheidende Rolle spielt
Muskelhypertrophie in der gesamten Rückenregion ist in jedem Fall wünschenswert
Trainiere deine Maximalkraft (wie oben beschrieben) → trainiere vor allem schwer genug!
Erlange ein gutes Muskelgefühl, um deine Muskulatur effizient ansteuern zu können
Erlaube dir keine Schlampigkeit in der Technik – voller Fokus (zuerst muss also Muskelgefühl entwickelt und verinnerlicht werden)
Sei konsequent, zeige Geduld und vertraue dem Prozess
Um dir noch einige weitere Tipps und Tricks zu geben, wie du dein Ziel des ersten Pullups erreichst, veranstalten wir regelmäßig zu dieser Übung einen Workshop. Bei diesem erlernst du die richtige Technik des Klimmzugs und erfährst am eigenen Leib den Ablauf des zielgerichteten Pullup-Trainings. Wir geben dir auch noch weitere Übungen, wie du noch schneller den Klimmzug meistern wirst. Neugierig geworden? Schau dir hier unser ganzes Trainingskonzept an.