Du hast im ersten Teil bereits über Gluten als möglichen Grund für die Einschätzung gelesen, dass Weizen schädlich sein könnte. Im zweiten Teil wollen wir weitere Faktoren vorstellen und infolgedessen einige Weizen-bedingte Erkrankungen erklären.
Was noch alles Weizen schädlich macht…
FODMAPs
Zunächst einmal die Erklärung, worum es sich dabei handelt: Das Akronym steht übersetzt für „fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole“. Die Fermentation findet durch Bakterien und Pilze statt. Insgesamt ordnet man FODMAPs den Ballaststoffen zu. Die wichtigsten FODMAPs sind Fructane und Laktose bei Laktoseintoleranz. Polyole, also Zuckeralkohole wie Sorbitol, Mannitol, Xylitol und Maltitol spielen vor allem in zuckerfreien Lebensmitteln mit Zuckeraustauschstoffen eine wichtige Rolle.
Weizen enthält vor allem Fructane. Sie heben die Toleranz des Weizens gegenüber Kälte und Trockenheit. Der Anteil im Weißmehl liegt bei 1,5 Prozent. In der Kleie sogar bei 3,7 Prozent. Das sind relevante Mengen. Doch während der Teigreifung mit Hefepilzen reduzieren diese durch Fermentation den Gehalt um mehr als die Hälfte. Darüber hinaus enthalten so manche beliebten glutenfreien Produkte wie Cornflakes oder Reispops mehr Fructane als moderne Weizensorten.
FODMAPs im Weizen schädlich oder doch gesund?
Die Problematik der FODMAPs unabhängig der Herkunft ist, dass sie weder verdaut noch durch den Darmtrakt resorbiert werden. Sie entfalten aber im Darm eine stark osmotische Wirkung. Das bedeutet, sie ziehen Wasser in das Darmlumen. Findet die Fermentation im menschlichen Darm statt, führt das zu Blähungen und Schmerzen durch die Gasproduktion. Dies ist vor allem bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarm von Bedeutung. Doch manche Forscher vermuten, dass neben ATIs (lies mehr dazu hier im ersten Teil) FODMAPs eine Rolle bei der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität spielen.
Es gibt jedoch auch eine andere Seite der Medaille, wenn es um FODMAPs geht. Vor allem Oligosaccharide der Fructose (Fructane, häufig mit FOS abgekürzt) und der Galaktose wirken präbiotisch. Als Präbiotikum bezeichnet man Ballaststoffe, die gesundheitsförderliche Darmbakterien ernähren. Im Falle von FOS und GOS fördern diese die Kolonisation des Darms mit Bifido-Bakterien sowie Lactobacillen. Eine ausreichende Besiedelung mit diesen limitiert das Wachstum von schädlichen E. coli, Clostridien und Bacteroides-Keimen.
Ein Produkt der Fermentation sind neben der Gasentwicklung auch kurzkettige Fettsäuren (SCFAs). Diese schützen nachweislich vor Darmkrebs und greifen förderlich in den Fettstoffwechsel ein. SCFAs senken das Cholesterin und die Triglyceride. Du siehst, einfaches Schwarz-Weiß-Denken funktioniert beim Thema der FODMAPs nicht.
Glykämischer Index (GI) und Verarbeitung machen den Weizen schädlich?
In ernährungswissenschaftlichen Kreisen war und ist teilweise das Thema glykämischer Index und dessen Gesundheitswirkung umstritten. Nach wie vor erwähnt die Österreichische Gesellschaft für Ernährung NICHT den GI bei den Empfehlungen zur Kohlenhydratzufuhr. Auf der anderen Seite gibt es populär-wissenschaftlich aufbereitete Bücher von Ärzten und anderem Fachpersonal, die sich hauptsächlich um dieses Thema drehen. Ein Beispiel dafür ist das Buch von Dr. William Davis – Weizenwampe: Warum Weizen dick und krank macht. Wie so oft liegt die Wahrheit vermutlich irgendwo in der Mitte. Für die LeserInnen dieses Beitrags aber durchaus interessant zu wissen: Je höher der Ausmahlungsgrad des Weizenkorns ist, desto höher der GI des Mehles.
Haushaltszucker hat auf Grund der Zusammensetzung aus den beiden Zuckern Glukose und Fructose – letzterer führt zu keiner Insulinausschüttung, einen niedrigeren GI als Weißmehl. Weizenbrot bzw. Gebäck weist einen GI zwischen 70 und 95 auf. Das bedingt eine hohe und schnelle Insulinausschüttung. Im Vergleich liegt dieser Wert bei Saccharose, also dem Kristallzucker „nur“ bei 59. Für eine langsame und gleichmäßige Insulinausschüttung und in Folge eines langsameren Blutzuckeranstiegs sind Lebensmittel bzw. Mahlzeiten mit einem GI unter 50 empfehlenswert. Sieh dir hier eine Liste mit GIs an.
Ein hoher GI eines Nahrungsmittels ist an sich nichts Schlimmes. Die Aufnahme von leichtverdaulichen und schnell verfügbaren Kohlenhydraten bewirkt eine Insulinausschüttung, damit die Glukose aus der verdauten Stärke aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann. Insulin ist ein stark anaboles Hormon. In Urzeiten des Bodybuildings auch ein beliebtes „Hilfsmittel“ für schnelleren Muskelaufbau. Und bis zu einem gewissen Grad sind „schnelle“ Kohlenhydrate und eine darauffolgende Insulinausschüttung auch für den ambitionierten Fitnesssportler nach dem Sport hilfreich. Neben der aufbauenden Funktion hemmt Insulin vor allem auch die Fettverbrennung und speichert zugeführtes Nahrungsfett noch effizienter in die vorhandenen Fettdepots.
Die Insulinfalle macht Weizen schädlich für die Körperlinie und mehr
Das Problem am Konsum von Lebensmitteln mit einem hohen GI und damit einer starken Insulinwirkung ist aber nicht auf die gerade beschriebenen Stoffwechselvorgängen beschränkt. Vielmehr ist die Konsequenz von hochglykämischem Essen schnell zu spüren: nämlich Hunger bzw. Heißhunger. Denn eine starke Insulinausschüttung schießt übers Ziel einen normalen Blutzuckerspiegel wiederherzustellen hinaus. Ein zu niedriger Blutzucker ist ein Alarmsignal für den Organismus und der Körper schreit nach schneller Energie in Form von Heißhunger nach Süßem oder erneut Weißmehlprodukten.
So sieht die Insulinfalle in der Praxis aus: Toast mit Butter und Marmelade zum Frühstück danach als Snack ein Stück Kuchen. Zu Mittag gibt es Nudeln, vielleicht nochmals zwischendurch Kuchen oder Semmeln mit Aufstrich. Am Abend Baguette oder Weißbrot mit Würstel oder Wurscht. Dazu und dazwischen gibt es noch jede Menge Süßgetränke oder Energydrinks gegen die Müdigkeit. Klingt übertrieben, aber leider ist das nahe an der Realität für mehr Menschen in westlichen Ländern als man denken möchte.
Langfristig geht eine solche Ernährungsweise beinahe unausweichlich mit Übergewicht einher. Zusätzlich fördert so ein Essverhalten diverse Zivilisationskrankheiten, die mit Übergewicht in Verbindung gebracht werden. Damit sind wir zurück bei der Weizenwampe und dem Grund, warum Weizen schädlich sein kann.
Für wen ist Weizen schädlich?
Wie bereits an mehreren Stellen erwähnt, ist Weizen bzw. Gluten direkt der Auslöser von einigen Erkrankungen. Allen voran ist hierbei die Zöliakie zu nennen. Wissenschaftlich untersucht und einigermaßen verstanden, sind noch die Weizenallergie und die Nicht-Zöliakie-Weizen/Gluten-Sensitivität. Im Internet finden sich zahlreiche weitere Erscheinungen und Erkrankungen, die durch Weizen entstehen sollen bzw. die ein Verzicht auf Weizen heilt. Hierbei ist aber fraglich, ob Weizen auch die unmittelbare Ursache der Erkrankung war und deswegen als schädlich oder ungesund gelten kann.
In rückblickenden Auswertungen von Ausschlussdiäten zeigte sich jedoch durchgehend, dass Weizen einer der häufigsten Faktoren ist, welcher Symptome im Gastrointestinaltrakt verursacht. Dabei lassen sich die drei gerade erwähnten Erkrankungen in Gruppen einteilen:
- Autoimmun
- Zöliakie
- Gluten Ataxia
- Dermatitis herpetiformis
- Allergisch
- Weizenallergie
- Nicht-immunologisch und nicht-allergisch
- Nicht-Zöliakie Glutensensitivität
Zöliakie – wenn Weizen schädlich für den Darm ist
Für diese autoimmunologische Erkrankung ist eine genetische Veranlagung Voraussetzung. Weltweit erkranken nur 1,1 bis 1,7 Prozent der Menschen an Zöliakie. Die Krankheit gehört zu den bestuntersuchten mit Beziehung zu einer Glutenaufnahme. Es kommt zu einer Immunantwort auf spezifische toxische Spaltungsprodukte der Gliadin-Fraktion. Die Betroffenen weisen serologische Antikörper wie Anti-Gewebs-Transglutaminase und weitere auf. Letztlich greift das Immunsystem den eigenen Darm an. Hierbei kommt es zu Entzündungen der Schleimhaut und einem Abbau der Dünndarmzotten. Ergebnis dieser Autoimmunreaktion ist eine erhöhte Darmdurchlässigkeit und verminderte Resorptionsfähigkeit diverser Nährstoffe.
Durch die reduzierte Nährstoffaufnahme kommt es einerseits zu anhaltenden Durchfällen, aber langfristig auch zu einer Unterernährung und diversen Nährstoffmängeln. Stellt ein Arzt die Diagnose Zöliakie mittels Dünndarmbiopsie, so ist es durch eine lebenslange glutenfreie Ernährung möglich ein symptomfreies Leben zu führen. Momentan handelt es sich dabei um die einzige Therapie bei Zöliakie.
Weizenallergie – Ist Weizen schädlich für Kinder?
Weizenallergie ist eine klassische Nahrungsmittelallergie und nicht auf Gluten beschränkt. Im Gegensatz zu Zöliakie vermitteln IgE-Antikörper und nicht IgA oder IgG-Antikörper die Immunreaktion. Symptome können sofort, innerhalb von Minuten nach dem Weizenkonsum auftreten. Dann spricht man von einer Typ 1 Hypersensitivität. Treten allergische Reaktionen erst nach einigen Stunden auf, handelt es sich um eine verspätete Reaktion. Diese heißt Typ 4 Hypersensitivität. Die Symptome reichen von Jucken, Schwellungen und Hautausschlag bis zu einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Darin unterscheidet sich die Weizenallergie nicht von anderen Nahrungsmittelallergien wie auf Erdnuss, Milch, Fisch oder Meeresfrüchte, Soja etc.
Schätzungsweise sind nur 0,4 Prozent der Weltbevölkerung von einer Weizenallergie betroffen. Doch die Häufigkeit bei Kindern ist weitaus höher. Bis zu 9 Prozent zeigen eine allergische Reaktion auf Weizen. Das ist jedoch kein Grund zur Panik oder Weizen von vornherein wegzulassen. Einerseits haben Studien gezeigt, dass die Einfuhr des glutenhaltigen Getreides im Alter zwischen 6 und 12 Monaten die Allergiewahrscheinlichkeit bei Kindern reduziert. Andererseits wächst sich meist eine entstandene Weizenallergie im Laufe der Kindheit wieder aus.
Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NZGS)–Weizen schädlich ohne Grund?
Wir sind nun bei der unsichersten Weizen-bedingten Störung angelangt. Wissenschaftler debattieren, ob Glutenproteine Symptome auslösen können, wenn es sich weder um Zöliakie noch um eine Weizenallergie handelt. Eine Hypothese existiert, nach der NZGS eine Nicht-IgE-vermittelte Weizenallergie ist. Denn Immunzellen im Darm wie Mastzellen, Eosinophile und andere sind häufig in Lebensmittelallergien involviert. Für diese Theorie spricht auch eine erhöhte Dichte an Lymphozyten in der Darmschleimhaut von NZGS-Patienten.
Neuere Studien zeigten jedoch, dass NZGS mit einer erhöhten Darmdurchlässigkeit einhergeht. So können mikrobielle Bestandteile die Darmbarriere überwinden, was zu einer systemischen Immunaktivierung führt. Die Einhaltung einer glutenfreien Diät führt zu einer Verbesserung. Bereits im ersten Teil hast du gelesen, dass Weizenproteine schwer verdaulich sind. Diese unvollständige Verdauung führt zu deutlichen Veränderungen des menschlichen Darms und verursacht intestinale und extra-intestinale Symptome. Manche Forscher vermuten, dass Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) und FODMAPs für die NZGS mitentscheidend sind.
Daneben scheinen Agglutinin, das Kohlenhydrat bindende Protein und Exorphine, als Protein das an Opiatrezeptoren bindet als weiterer Weizenbestandteil das Immunsystem zu beeinflussen und intestinale Epithelschäden zu induzieren.
Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität und Reizdarm-Syndrom
Die letzten Absätze vereinfacht mit einer wissenschaftlichen Untersuchung zusammengefasst. Bringt man Weizen direkt auf die Zwölffingerdarmschleimhaut auf, so löst das eine schwerwiegende Reaktion aus. Die Integrität der Darmschleimhaut verändert sich: es entstehen Epithellücken und ein erweiterter Zwischenzottenraum. Das ist die Basis für histopahtologische Abnormitäten und für die Existenz einer (entzündlichen) Weizensensitivität.
Die Bruchstücke aus der unvollständigen Weizenverdauung durchdringen die durchlässige Darmbarriere und aktivieren Zellen des angeborenen Immunsystems in der darunterliegenden Zellschicht. Im Mausmodell bewirkte das eine höhere Muskelkontraktilität. Das wiederum ist ein Merkmal des Reizdarmsyndroms. Sowohl die Darmdurchlässigkeit und die Kontraktionen der glatten Muskulatur des Darms kehren nach Glutenabstinenz zur Norm zurück.
Weitere Probleme mit Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität
Die Herausforderung beginnt bereits bei der Diagnose. Nach einer 6-wöchigen Eliminationsdiät, also dem vollständigen Verzicht auf Weizen und Gluten führt man eine Provokationsphase durch. Dabei sollte die getestete Person jedoch nichts davon wissen, um einen Nocebo-Effekt ausschließen zu können. Da sich diesem Prozedere wenige Menschen unterziehen, gibt es auch nur grobe Schätzungen der Häufigkeit der NZGS in der Allgemeinbevölkerung. Diese basieren Großteils auf Selbstdiagnose. Zwischen 0,6 und 13 Prozent leiden an einer NZGS. Dabei handelt es sich vermehrt um Frauen im vierten Lebensjahrzehnt im urbanen Lebensbereich. Eine Bevölkerungsgruppe, die hohen Stresslevels ausgesetzt ist. Stress wiederum wirkt sich negativ auf den Darm und das Wohlbefinden aus.
Die Symptome der NZGS ähneln ebenfalls Stressbelastungen: Neben Blähungen und Durchfall gehört Unwohlsein im Bauch zu den darmbezogenen Erscheinungen. Außerhalb des Darms zählen Kopfschmerzen, Müdigkeit und Ängstlichkeit zu den Hauptsymptomen der NZGS. Oftmals wird auch von einem sogenannten „Brainfog“ gesprochen.
Neben der Diagnose und der Ähnlichkeit zu Stressbelastungen ist auch die Abgrenzung zum Reizdarmsyndrom auf Grund der überlappenden Symptomatik schwierig. 37 Prozent mit selbstberichteter NZGS erfüllen die Diagnosekriterien für einen Reizdarm. Aber nur 9 Prozent in einer kontrollierten Auswahl von NZGS-Patienten. Von einigen Wissenschaftlern ist deshalb auch vermehrt die Rede eines glutensensitiven Reizdarmsyndroms. Hierbei spielt jedoch nicht ausschließlich Gluten eine Rolle, sondern die bereits eingangs erklärten FODMAPs.
Egal, ob es sich um eine reine NZGS oder einem Mischtyp mit Reizdarm handelt. In beiden Gruppen ist ein Abfall von gesundheitsförderlichen Bakterien des Darms zu finden: Bifido-Bakterien und Lactobacillen sind in niedrigerer Anzahl nachweisbar als bei gesunden Personen. Die größte Schwierigkeit bei der NZGS ist allerdings ein fehlender Biomarker zum Nachweis.
Ist Weizen schädlich? Die Kehrseite
Glutenfreie Ernährung ist ein Trend und wird von einigen Berühmtheiten promotet. Das führt dazu, dass viele Menschen versuchen Gluten zu meiden, weil sie der Meinung sind, es schadet ihrer Gesundheit. Solche Tendenzen spiegeln sich auch in den Wirtschaftszahlen der Lebensmittelindustrie. Von 2011 bis 2016 verdoppelten sich die Konsumausgaben für glutenfreie Artikel. In vielen Supermärkten nehmen die Regale mit Angeboten zu Spezialdiäten immer größere Maßstäbe an. Doch es gibt auch Studien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung von Weizen und Gluten nahelegen.
In einer Untersuchung beispielsweise zeigten Kindern, welche eine glutenfreie Ernährung einhielten, vermehrt erhöhte Triglyzeride im Nüchternzustand als vor der Ernährungsumstellung. Auch unter Erwachsenen ließ sich diese Tendenz feststellen. Hier jedoch in umgekehrter Versuchsanordnung. Eine hohe Glutenaufnahme von 78g pro Tag senkte die Triglyzeride innerhalb eines Monats um 19,2 Prozent im Vergleich zu nur 10-15g Gluten pro Tag. Diese Menge entspricht dem Glutengehalt einer durchschnittlichen westlichen Ernährung.
Der Schluss der Wissenschaftler aus solcheb Studien ist, dass Gluten eventuell sogar eine schützende Wirkung vor Herzkreislauf-Erkrankungen entfaltet. Gleichzeitig haben glutenfreie Spezialprodukte weitere Nachteile. Sie kosten ca. das Doppelte im Vergleich zur herkömmlichen Variante aus Weizen. Durch die starke Verarbeitung glutenfreier Artikel und dem Einsatz von reiner Stärke aus Mais, Kartoffel, Tapiako-Knolle und weiteren weisen glutenfreie Spezialprodukte nur einen geringen Spurenelementgehalt auf.
Weniger der Weizen schädlich, doch was ist mit anderem Getreide- und Nichtgetreide?
Diese zweiteilige Serie über Weizen und dessen Bestandteil mit schlechtem Ruf – Gluten, war eine neutrale Darstellung von Informationen. Ja, Weizen und andere glutenhaltige Getreidearten sind für bestimmte Personengruppen schädlich. Vor allem die Zöliakie ist eine ernstzunehmende Autoimmunerkrankung, die strengen Glutenverzicht erfordert. Weizenllergie und Weizen/Glutensensitivität betrifft auch nur einen Bruchteil der Allgemeinbevölkerung. Wer bei der Überzeugung bleibt, dass Weizen schädlich ist, der sollte auch andere Getreidesorten, Pseudo-Zerealien und viele weitere Nahrungsmittel am Radar haben. Denn sie alle enthalten sogenannte Anti-Nährstoffe.
Reis als glutenfreies Getreide
Wenige wissen, dass Reis genauso wie Weizen zu den Süßgräsern zählt und damit ebenfalls ein Getreide ist. Reiskleie enthält beträchtliche Mengen an Protein mit ca. 10-15 Prozent. Davon sind 22 Prozent Glutelin und 5 Prozent Prolamine. Diese Zahlen variieren je nach Reisart. Neben einer sehr guten Proteinqualität von 94,8 Prozent wahrer Verdaulichkeit, was Reisprotein aus Kleie zu einem Geheimtipp für pflanzliches Protein macht, zeigen Reis-Prolamine immunmodulierende Fähigkeiten. So senkten diese im Tierversuch bestimmte Antikörper-Werte bei einer entzündlichen Hauterkrankung.
Hirse und Mais – Getreide und wie Weizen schädlich?
Auch in diesen beiden Getreidearten machen Prolamine rund 50 Prozent des Speicherproteins aus. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass Zöliakie-Patienten gegen das Zein in Mais (die Gliadin-ähnliche Fraktion) IgA ausbilden. Die klinische Relevanz davon und wie weit das die Anwendung von Mais als Weizenersatz betrifft, bleibt vorerst jedoch offen und unklar. Doch die immunologischen Mechanismen im Hintergrund deuten darauf hin, dass Mais für bestimmte Personen ein Risiko für entzündlichen Darmerkrankungen darstellt.
Nicht nur Weizen schädlich – Lektine überall
In allen Pflanzen finden sich Lektine. Mittlerweile identifizierten Forscher mehr als 500 verschieden Proteine dieser Klasse. Besonders reich sind neben den diversen Getreidearten vor allem Hülsenfrüchte. Hier stellen sie tatsächlich eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit dar und sind unter anderem der Grund, wieso Hülsenfrüchte gegart werden müssen. Einweichen, Fermentation und garen im Druckkochtopf sind die wichtigsten Methoden zur Lektin-Reduktion. Hierdurch ist sogar eine gänzliche Entfernung bzw. Zerstörung dieser Stoffe möglich.
Es muss an dieser Stelle und abschließend ganz klar festgehalten werden. Lektin ist nicht gleich Lektin. Verschiedene Lektine aus den diversen Nahrungsmitteln zeigen unterschiedliche Eigenschaften spezifische funktionale Komponenten des Dünndarms zu binden. Ja, einige Lektinen können sehr resistent gegen Verdauungsprozesse sein. Sie können auch die Durchlässigkeit der Darmmembran stören. Es gibt immer wieder Fälle von Lektinvergiftungen durch den Verzehr unvollständig gegarter Hülsenfrüchte. Hier setzen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Schmerzen innerhalb von 1 bis 3 Stunden ein. Doch ein allgemeiner und allumfassender Lektinverzicht ist ein falscher Schluss. Lektinreiche Nahrungsmittel enthalten auch viele essentielle Nährstoffe und durch die entsprechende Zubereitung lässt sich der Lektinanteil stark reduzieren.
Eine Testung diverser Nahrungslektine an menschlichen roten Blutzellen zeigte keine Reaktivität auf Reis, Gerste und Weizen. Die Lektine aus Quinoa als beliebtes Pseudo-Getreide entfalteten eine geringe Aktivität. Kartoffeln als weiteres Grundnahrungsmittel verlieren durch die Zubereitung ihr reaktives Potential des Rohzustands. Tomaten sind wie Erdäpfel Nachtschattengewächse und die Lektine aus ersteren sind sowohl roh wie auch zubereitet aktiv.
Fazit
Wie Menschen sollte man auch nicht Nahrungsmittel auf einzelne Eigenschaften reduzieren. Im Falle glutenhaltiger Getreidearten ist das zwar für bestimme Personen mit seltenen Erkrankungen notwendig. Hier ist Weizen schädlich! Für die breite Masse gilt das jedoch nicht. Gewisse Bestandteile fördern sogar die Gesundheit. Aus diversen Gründen ist es dennoch empfehlenswert seine Ernährung nicht ausschließlich auf Weizenprodukten aufzubauen, sondern eine breite Vielfalt an Nahrungsmitteln zu konsumieren. Abwechslung findet sich heutzutage leicht. Solltest du dennoch Unterstützung benötigen, dann sieh dir hier unsere Angebote zur Ernährungsberatung an.
Quellen:
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https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jgh.13703
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