Verfasst von Stephan Herbst MSc

 

Die Abkürzung von EMS-Training steht für elektrische Muskelstimulation. Der Name ist Programm: Durch elektrische Impulse spannt sich der Muskel ohne willkürliche Ansteuerung an. Viele Personen hörten entweder noch nie davon oder stehen dieser Trainingsmethode sehr skeptisch gegenüber. Das reicht hin bis zur Angst vor Auswirkungen des Stroms auf das Herzen. In den letzten Jahren wurde EMS-Training zu einem großen Trend mit einem klaren Versprechen: wenig benötigte Zeit, aber eine große Wirkung. In diesem Blogbeitrag erkläre ich die Wirkungsweise, fasse Studienergebnisse zusammen und gebe Kommentare zu Empfehlungen und Handhabung in der Praxis. Am Ende schreibe ich über einen Selbstversuch mit ausschließlich EMS-Training über 3 Monate hinweg.

 

EMS-Training: Wie alles begann

Bereits Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts (1994) untersuchten Wissenschaftler die Auswirkungen von Stromimpulsen auf Zellen unterschiedliche Fasertypen im Reagenzglas. Nachfolgende Forschungsarbeiten beschäftigten sich mit ganzen Muskelfasern und fanden eine Reihe von vielversprechenden Ergebnissen. Einige Stoffwechselparameter erfuhren eine Erhöhung. Neben metabolischen Veränderungen konnten die Forscher Gefäßneubildungen und Immunreaktionen feststellen. Zusammengefasst spiegelten die Ergebnisse die Effekte von Strombehandlung die Auswirkung von normalem Training.

 

Spätere Experimente an Ratten, deren Hinterbeine mechanisch gehemmt wurden und diese schnell zum Muskelschwung neigen, konnten durch EMS diesen Ruhigstellungseffekt gut umkehren. Weitere Studien an Tieren zeigten neben Effekte auf die Muskelmasse ebenso Funktionsverbesserung und ein besseres Verhältnis von Muskelfaser und Versorgungsgefäße. Die positiven Wirkungen an Tieren öffneten den Weg von EMS-Anwendung am Menschen und seit der Jahrtausendwende untersuchen Sportwissenschaftler die Effekte von EMS-Training bei unterschiedlichsten Zielgruppen. Zu den Ergebnissen davon später noch mehr.

 

EMS-Training für unterschiedliche Zwecke

Ein Muskel ist letztlich nur ein Durchführungsorgan. Ähnlich wie ein Maurer, der nur einen Plan seines Architekten umsetzt, setzt ein Muskel die Befehle des Gehirns um. Diese treffen in Form von elektrischen Impulsen ein. In jedem unserer Muskeln gibt es Bauarbeiter für unterschiedliche Aufgaben: Manche sind auf ausdauernde leichte Arbeiten spezialisiert, andere leisten schwere Arbeit, aber ermüden flott, eine dritte Gruppe ist explosiv und schnellkräftig und dann gibt es noch Allrounder, die überall aushelfen.

 

EMS-Training für Ausdauer

Mit unterschiedlichen Frequenzen können nun mehr oder weniger gut die unterschiedlichen Muskelfasertypen aktiviert werden. Zwischen 10 und 20 Hertz (Hz) steht vor allem die Verbesserung der Sauerstoffversorgung des Gewebes im Vordergrund. Bis 30 Hz tritt eine Steigerung der Arbeitskapazität der haltenden Muskeln ein. Also jenen Spezialisten, die lange Arbeitstage durchhalten.

 

EMS-Training statt Burn

Zwischen 20 und 50 Hz findet ein Training der gemischten Muskelfasern statt. Es kommt zu einer globalen Stimulation, die zu einer Verbesserung von Muskeltonus und Widerstandskraft führt. Als Gegenstück zu normalem Training kann eine Burn-Einheit herhalten.

 

EMS-Training für Muskelzuwachs

Bei rund 40 bis 80 Hz treten erste Effekte auf die Kraftleistung im Speziellen auf. Diese Frequenz der Stimulation erzeugt auch einen Wachstumsreiz im Muskel. Steigt die Frequenz weiter an, finden Muskelanpassungen im Maximalkraftbereich (80-100 Hz) statt. Bei über 100 Hz erhöht sich die Schnellkraft.

 

EMS-Training einzelner Muskeln

Neben den unterschiedlichen Bereichen der Frequenz sollte noch eine grundsätzliche Unterscheidung in isolierte Muskelstimulation und Ganzkörper-EMS getroffen werden. Erstere Methode legt gezielt den Strom an einem Muskel an, um diesen nach einer Verletzung des Muskels oder eines beteiligten Gelenks wieder zu stärken bzw. Muskelmasse aufzubauen. Eine andere Anwendung ist im Leistungssport zu suchen: Hier kitzelt man die letzten Prozentbruchteile an Leistungssteigerung durch den Strom heraus. Hierfür ist eine etwas stärkere Stromstärke (nicht verwechseln mit Frequenz) notwendig und die Empfindung ist im Vergleich zum Ganzkörper-EMS unangenehmer. Für höchste Effizienz und Komfort empfehlen Experten 50 bis 100 Hz mit 300 bis 450ms Impulsen.

 

 

EMS-Training in der Praxis

 

Genug der Theorie, wechseln wir in die Praxis. Üblicherweise verfügen Ganzkörper-EMS-Trainingssystem über 8 bis 12 getrennt regelbare Bereiche. Diese aktiviere Muskeln über eine Gesamtfläche bis zu 2800cm2. Wir im Garage Gym nutzen das Miha-Tec-System mit 8 Bereichen. Die Kanäle der Reihe nach sind:

  1. Oberschenkel mit Hilfe von EMS-Schlaufenbändern
  2. Gesäß mit einem Gürtel

 

In einer Weste integriert sind Flächen für:

  1. Unterer Rücken
  2. Oberer Rücken
  3. Seitlicher Rücken
  4. Bauch
  5. Brustmuskel

 

Und wieder 2 Schlaufenbändern liegen um:

  1. Oberarme

 

 

Neben dem Vorteil der niedrigen notwendigen Stromstärke bei einem Ganzkörper-EMS ist auch die Möglichkeit des Trainings ganzer kinematischer Ketten zu nennen. Anstatt beispielsweise nur den Gesäßmuskel als wichtigsten Hüftstrecker isoliert zu stimulieren, aktiviert das Ganzkörper-System gleichzeitig auch weitere Muskel, die an der Aufrichtbewegung beteiligt sind. Dazu zählen die Oberschenkelrückseite und die Rückenstrecker der Wirbelsäule.

 

Weitere Vorteile von Ganzkörper-Stromtraining

Durch die Aktivierung der Muskeln durch Strom, also einer externen Erregung ist es möglich höhere Muskelspannungen zu erzeugen, als das durch willentliche Anstrengung der Fall ist. Der Grund darin liegt an der Funktionsweise eines Muskels. Die Vielzahl von Muskelfasern wird von sogenannten Motor-Units angesteuert. Bildet sich die Idee im Gehirn zum Beispiel einen Gegenstand hochzuheben, so müssen die beteiligten Muskeln einen entsprechenden Befehl vom Gehirn erhalten. Die Motor-Units sind sowas wie die Vermittlerstationen der Arbeitskräfte und mit dem obersten Prinzip der Natur – dem Gesetz der geringsten Anstrengung, springen nur so viele Muskelfasern in die Presche, wie die Aufgabe eben erfordert.

 

Beim Gewichtstraining geht es anfangs so schnell voran, weil dieses Prinzip überwunden wird und die Muskeln einerseits besser zusammenarbeiten, aber auch in einem Muskel mehr Arbeiter zur gleichen Zeit loslegen. Beim EMS-Training gibt es jedoch kein Entkommen. Alle verfügbaren Fasern (die auf eine gewählte Frequenz reagieren) zeigen was ihnen steckt. Das ermöglicht härteres Training als du es aus freiem Willen könntest.

 

Ein zusätzlicher Vorteil von Ganzkörper-EMS ist die gleichzeitige Aktivierung von Agonisten und Antagonisten. Das bedeutet: statt zuerst deinen Bizeps mit einem Kurzhantelcurl und danach erst den Gegenspieler auf der Oberarmrückseite mit Trizepsextensions zu trainieren, findet das im selben Moment statt. Dies funktioniert über den gesamten mit Elektrodenbereiche versehrten Körperbereich statt. Doch da Strom immer nur von einem Bereich zum anderen fließen kann, ergibt sich durch die spiegelgleich angelegten Felder eine Aktivierung von Muskel, die über die 8 getrennten Bereiche hinausgeht. Auch ohne Elektroden an den Unterarmen, spürt man diese stark kontrahieren und den Strom bis in die Fingerspitzen. Trotz der lediglich 8 Bereich verdient das EMS-Trainingssystem seinen Namen: Ganzkörper-Training!

 

EMS-Training: mit 15 Minuten zum Ziel

Eine typische EMS-Einheit ist schnell erklärt: Du kommst in das Studio und ziehst dir deine spezielle EMS-Unterwäsche an. Das ist notwendig, damit der Strom gut durch die Kleidung in den Muskel gelangt. In der Zeit stellt die/der Trainer:in deine Werte vom letzten Training am Gerät ein. Das ist dank einer Speicherkarte in wenigen Augenblicken erledigt. Kommst du in den EMS-Raum, nässt der Trainer die EMS-Ausrüstung mit warmen Wasser an – wiederum notwendig für die Stromleitung. Mit geschickten Handgriffen bekommst du Schlaufen, Gürtel und Weste angelegt. Noch die Weste ordentlich zuschnüren und schon geht es am Gerät los.

 

In den ersten 2 bis 3 Minuten steigert die/der Trainer:in die Stromstärke langsam auf das Level der letzten Male. Währenddessen führst du bereits erste Bewegung durch. Die am häufigsten verwendeten Programme in Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit nutzen eine Frequenz von 80 bis 85 Hz mit 350ms. Typischerweise folgen auf 4 Sekunden Stromimpulse 4 bis 6 Sekunden Pausen. Diese Einstellung verwenden auch wir im Garage Gym. Zwar kannst du während der Pausen Übungen ausführen, doch diese erzeugen keinen trainingswirksamen Reiz. Wir geben dir ganz nach den Empfehlungen der Wissenschaftler keine Zusatzgewichte, sondern höchsten Gegenstände zum Greifen, um Bewegungen aus dem Gewichtstraining nachzuahmen.

 

 

So machst du 6 Stromintervalle lang eine Übung, bevor zu nächsten gewechselt wird. In 15 Minuten am EMS-Gerät achten wir darauf, alle Gelenke und Muskeln gut durchzubewegen und in unterschiedlichsten Körperposition Übungen auszuführen. Dir erscheint vermutlich eine viertel Stunde sehr kurz, doch am Strom fühlt sich diese Zeitspanne wesentlich länger an. 50 Prozent ist aktive Arbeitszeit mit Strom. Das ergibt 7,5 Minuten Trainingszeit. Vergleicht man das mit einem Kräftigungstraining im Cross ist es nahezu ident, nur dass du beim EMS-Training in einer Einheit den ganzen Körper trainiert hast und nicht nur 2 Muskelgruppen.

 

 

Mit EMS-Training zur alten Stärke

Du hast jetzt eine gute Vorstellung davon, was EMS-Training ist und wie es in der Praxis abläuft. Doch ist der Hype der letzten Jahre gerechtfertigt? Ich habe mir die wissenschaftliche Lage angesehen. Dabei stellte ich fest: das Zentrum des Forschungsinteresses liegt in Deutschland. Das ist jedoch auch wenig überraschend, da hier der Sitz eines großen EMS-Produktherstellers ist. Ebenso findet Forschung im asiatischen Raum statt. Insgesamt sammelten die Wissenschaftler in der jüngeren Vergangenheit Daten zur Wirksamkeit in rund 25 vergleichbaren Studien mit knapp 1000 Personen. In einer zusammenfassenden Analyse dieser Forschungsarbeiten gab es unterschiedliche Zielgruppen.

 

Eine besonders wichtige und für EMS-Training geeignete Bevölkerungsgruppe stellen Personen höheren Alters dar. Mit zunehmendem Alter schwindet ohne Gegenmaßnahmen die Muskelmasse. Experten sprechen ab einer kritischen Situation von Sarkopenie. Häufig kommen noch Gelenksprobleme hinzu. Genau diese Kombination hindert jedoch die Betroffenen ein Widerstandstraining mit ausreichend Intensität durchzuführen, wodurch sich der Zustand verschlimmert und ein früher Verlust der Unabhängigkeit von Fremdhilfe eintritt.

 

Studien mit über 70-jährigen zeigten massive Verbesserungen von Kraft und Muskelmasse durch wöchentliches EMS-Training. Die Vorteile von EMS-Training bei dieser Zielgruppe: Erstens die geringe Belastung der Gelenke. Eine Studie ließ die Probanden das EMS-Training in Rückenlage machen. Der Effekt ist mit kleinen Bewegungen ist signifikant höher als ohne jegliche Bewegungen während des Stromtrainings. Zweitens: Die Studienteilnehmer benötigen keine willentliche Anstrengung. Der Strom übernimmt das Training für sie. Lediglich die Intensität sollte so hoch gewählt sein, wie tolerierbar ist. Ganz entscheidend hierbei: Drittens – professionelle Betreuung während des EMS-Trainings. In den ersten Einheiten findet eine langsame Gewöhnung statt.

 

Neben dem Muskelaufbau und der Kraftsteigerung gesellten sich Effekte wie eine verringerte Produktion von ROS (reaktive Sauerstoffspezies), die mit ein Treiber von Alterungsprozessen und Krankheitsentstehung sind. Doch auch das Potential der Regeneration von muskelbildenden Satellitenzellen erhöhte sich. Insgesamt sprechen Experten eine klare Empfehlung für ältere Personen aus. Besonders wenn körperliche Limitationen vorhanden sind. EMS-Training kann auch als eine Brücke zu regulären Widerstandstraining dienen:

 

Aufbau von einer Grundkraft ist hierbei das vorrangige Ziel, bevor mit ausreichend Sicherheit der eigene Körper und freie Gewichte bewegt werden. Insofern sollten Studios für EMS-Training und Gewichtstraining keine Konkurrenten im Kampf um Mitglieder darstellen, sondern Zielgruppen passend anwerben.

 

Stromtraining für Bodyshaping

Ein weiteres Versprechen, mit dem EMS-Studios Kunden anlocken: Mit nur 20 Minuten Training pro Woche Kilos purzeln lassen. Eine sehr breite Masse an Interessenten ist damit Zielgruppe. Wenig Zeit, wenig persönlicher Einsatz und schnelle Ergebnisse. Problem daran: Die zusammenfassenden Analysen von kontrollierten Studien ergeben kein klares Bild. Oftmals gab es in den einzelnen Forschungsarbeiten neben EMS-Training noch eine weitere Intervention wie Diätrestriktion oder sogar bariatrische Operation wie Magenbeipass. EMS-Training diente vielmehr dem Muskelerhalt als der Fettreduktion. Jene Studien ohne Ernährungsintervention zeigten durchwegs sehr positive Effekte auf Muskelkraft und -masse, jedoch selten auf den Körperfettanteil.

 

Die Wissenschaftler identifizierten 3 Wege, wie EMS-Training auf den Körperfettanteil (KFA) wirkt:

  • Akutes Training: also das Training an sich birgt das Potenzial Kalorien zu verbrennen
  • Regeneration und Adaption nach dem Training: Wiederherstellungsmaßnahmen verbrauchen Energie
  • Erhöhter Kalorienverbrauch in Ruhe durch erhöhte Muskelmasse: ein alter Hut, aber ein Kilogramm mehr Muskelmasse steigert den Kalorienumsatz um ca. 10 bis 15kcal pro Stunde. Das sind rund 300kcal pro Tag. So lässt sich ohne Diät dennoch Fett abbauen.

 

 

Wichtig zu bemerken: Alle 3 Wege stehen in Verbindung mit der Trainingsintensität und der Dauer über Monate hinweg. Zur Wiederholung: Die Vorteile von EMS-Training liegen auf der Hand für ausgewählte Personengruppen. Die Zeiteffizienz und die geringen Ansprüche an den persönlichen Einsatz während des Trainings sowie die Gelenksfreundlichkeit und die individuelle Skalierbarkeit ermöglichen ein sehr effektives Training der Muskeln. Es gibt gute wissenschaftliche Belege sowohl für Senioren, aber auch für Personen im jüngeren bis mittleren Alter zur Steigerung der Kraft und der Muskelmasse. In einer direkten Vergleichsstudie von EMS-Training mit Intervalltraining zeigte sich das Stromtraining überlegen bei der Rumpfkraft. Dagegen gab es höhere Zuwächse an Kraft durch konventionelles Training bei Beinen und Armen. Auch die Abnahme an Fettmasse war bei Intervalltraining höher.

 

 

Mit EMS-Training zu neuen Spitzen

Wie eingangs erwähnt, findet EMS-Training auch im Spitzensport statt. Wenn es um Zehntelprozent an Leistungssteigerung geht, versuchen Trainer und Athleten alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Das führte auch zu Studien mit sehr trainierten Personen und EMS-Training zur Steigerung der Maximalkraft. Die gute Nachricht zuerst: Ja, Stromtraining erhöht die Maximalkraft bei Trainierten. Die Kehrseite daran: dafür benötigt man mehrmaliges EMS-Training pro Woche und es funktioniert mit isolierten Muskelgruppen, jedoch nicht Ganzkörper-EMS-Systemen.

 

Abschließend zur wissenschaftlichen Seite des Beitrags: Nach Meinung der Experten gibt es kein One-Size-Fits-All-Protokoll beim EMS-Training. Die Intensität sollte nach einer Gewöhnungsphase zwar immer so hoch wie tolerierbar sein, doch die Arbeits-Pausen-Intervalle bei schwächeren und eingeschränkten Personen zugunsten der Pausenlänge ausfallen. Zu beachten ist ebenso, je höher die Frequenz, desto höher die Muskelermüdung. Doch, um die entscheidenden Typ 2-Fasern zu aktivieren, benötigt es dennoch mindestens 50 Hz.

 

Stromtraining aus Trainersicht

Nun kommen wir zurück in die Praxis. Als Trainer:in hat man es mit sehr unterschiedlichen KundInnen zu tun. Es gibt zwar die Westen in den Größen von XS bis L und jede Weste lässt sich an den Seiten mittels 4 Bändern anpassen. Bei sehr großen und oder sehr schlanken Menschen stößt dieses System jedoch an Grenzen, sodass die Elektrodenbereiche nicht optimal sitzen. Das ist allerdings für den Kunden oft nicht bemerkbar.

 

Während des Stromtrainings bekommt ein Trainer sehr unterschiedliche Leidens- und Erschöpfungszustände zu sehen. Das überrascht umsomehr, als sich die Einstellung der Intensität zwischen den Personen oftmals nur wenig unterscheidet. Natürlich spielen hier Faktoren wie Körperfettmasse und Muskelmasse eine wichtige Rolle. Grundsätzlich merkt man als Trainer:in, dass sehr muskulöse Menschen viel stärker auf den Strom reagieren, wohingegen man bei Einsteigern rein äußerlich nicht beurteilen kann, ob die Intensität wirklich hoch genug ist.

 

Letztlich geht es allerdings nur um das Erleben der Kund:innen und deren persönliche Ziele. So berichten regelmäßige Nutzer:innen des EMS-Trainings, dass ihre Rückenschmerzen deutlich besser sind bzw. wenn sie urlaubs- oder krankheitsbedingt für mehrere Einheiten ausfallen, diese sofort wieder spürbar werden. Das Thema Gewichtsreduktion ist ebenfalls präsent: Hier bestätigt die Trainererfahrung die wissenschaftliche Literatur: EMS ohne sonstiger Ernährungsoptimierung führt zu keinen großen Veränderungen. Doch erst unlängst berichtete eine Kundin über 7kg Gewichtsverlust in diesem Jahr mit minimalen Veränderungen beim Essverhalten und nur EMS-Training als sportliche Betätigung. Ein weiterer Kunde nutzt regelmäßig die angebotenen Körperanalysen und konnte in den letzten Jahren deutlich an Muskelmasse zulegen, dank 2 wöchentlicher EMS-Einheiten.

 

 

EMS-Training aus Nutzerperspektive

Aus einer gewissen Notlage heraus – Schulterschmerzen über Monate hinweg, beschloss ich mich für 3 Monate auf ausschließliches EMS-Training zu beschränken. Dieser Selbstversuch hat mir einerseits ein noch besseres Gespür für die Anwendung an sich gegeben, aber vor allem wollte ich an meinem eigenen Körper sehen und spüren, worüber die Forschungsarbeiten und begeisterte Kund:innen berichten. Nach 15 Jahren Bodybuilding, Kraftsport und Calisthenics steht für mich jetzt nur noch die Freude an der Bewegung beim Training im Vordergrund. Aus diesem Grund dachte ich, der Wechsel von 4-6 Einheiten zu je einer Stunde auf nur 2×20 Minuten würde schwieriger fallen.

 

Bereits bei den ersten EMS-Einheiten tastete ich mich an das Limit der individuellen Tolerierbarkeit heran und das spürte ich auch in den Tagen zwischen den Trainings. Es fühlte sich ein wenig nach den Anfängen des Krafttrainings an, als ich mich von einem Muskelkater zum nächsten trainierte. Ein schönes Gefühl im Grunde. Doch ganz ehrlich: Vorfreude auf die nächste Einheit war dennoch keine vorhanden. Ganz im Gegenteil! Ab Woche 5 gab es einen kleinen, aber doch spürbaren inneren Widerstand unmittelbar vor dem Anstecken ans Gerät.

 

Diese Bange vor den „Stromschlägen“ legte sich glücklicherweise recht schnell wieder und mit doch spürbaren und sichtbaren Veränderungen vor allem am Gesäß und an den Oberschenkeln stieg die Begeisterung und die Lust am EMS-Training. Weitere positive Erscheinungen: die Gelenksschmerzen in der Schulter besserten sich und die Muskelmasse am Oberkörper blieb gut erhalten.

 

Fazit

Egal in welche Richtung man blickt: EMS-Training wirkt und hat definitiv seine Vorteile. Besonders bei Einschränkungen im Bewegungsapparat wie etwa Gelenksproblemen ist EMS-Training eine wirkliche Alternative zu regulären Muskelkräftigungs- und -aufbautraining. Das bestätigen wissenschaftliche Studien, die Erfahrung von EMS-Betreibern und mittlerweile auch meine eigenen Erlebnisse als Trainer und Nutzer dieser doch etwas sonderbar anmutenden Technologie. Auf Grund der gelenksschonenden Anwendung eignet sich EMS-Training vor allem als Einstieg in ein sportlicheres Leben für Personen, die lange keinen Sport betrieben und eventuell Probleme mit Muskelmasse oder Gelenken haben. Die kurze Trainingsdauer pro Einheit kommt wiederum jenen zugute, die beruflich sehr eingespannt sind und dennoch regelmäßig sehr intensive und effektive Workouts erleben möchten.

 

Wie alles im Leben gibt es auch eine Schattenseite beim EMS-Training. Die Übungsvielfalt ist mit Sicherheit geringer als im regulären Krafttraining. Doch EMS-Nutzer gehören oftmals nicht unbedingt zu den sportbegeistertsten Menschen und die Einheit dauert auch nur 15 Minuten. Am besten zwei Mal pro Woche!

 

Quellen:

https://newsystems.online/science/whole-body-electromyostimulation-as-a-topic-of-scientific-research/

https://bodyteceurope.com/en/how-the-electro-muscle-stimulation-ems-works/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6104107/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5974506/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4789460/

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2021.640657/full

https://bmccomplementmedtherapies.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12906-019-2485-9

http://www.kptjournal.org/journal/view.html?doi=10.18857/jkpt.2015.27.3.164